Auswärtssieg. Kehrtwende. Der Tagesablauf eines Trainers der 4. Kreisklasse…

TSV Schulenburg II - TSV Wennigsen III 0:6 (0:0)

Schulenburg - Es ist Sonntagmorgen, man sitzt am Frühstückstisch, das Handy vibriert. Nachricht: „Das Derby der zweiten Mannschaft in Degersen entfällt aufgrund von Unbespielbarkeit des Platzes.“ Kurz aus dem Fenster geguckt, heiter Sonnenschein. Stirnrunzeln. Schnell auf fussball.de geschaut - stimmt. Das Spiel fällt aus. Schnell auf die Kaderliste der zweiten Mannschaft geblickt, drei Akteure wären für die 3. Herren spielberechtigt. Trainer der Zweiten anrufen. Handy aus. Alle drei Spieler anschreiben, Tasche packen, zum Auto, gleich ist Treffpunkt.

Schnell einen Abstecher beim Trainer der zweiten Mannschaft zu Hause gemacht, man brauch die Pässe. Man klingelt. Nix rührt sich. Verfluchte scheiße. Nochmal über Handy probiert - Fehlanzeige. Das Handy ist immer noch aus. Noch zweimal wütend auf den Klingelknopf gedrückt. Nichts passiert. Der hat doch gestern nicht etwa auf der Elan-Party in Wennigsen gesoffen? Vorm Derby?!?! Fragen über Fragen. Die Zeit drängt. Ab nach Hannover, einen Spieler abholen.

Dort angekommen 20 Nachrichten auf dem Handy. Erster Spieler hat zugesagt. Einen Mitspieler anrufen, dass er nicht kommen brauch, da er zeitlich andere Prioritäten hat und nur in allergrößter Not ausgeholfen hätte. Spieler als Assistent damit beauftragt, alle 2 Minuten zu versuchen, einen der noch freien Spieler der 2. Mannschaft zu erreichen. Gedanklich schon wieder am Grübeln über die Aufstellung. Bildliche Vorbereitung am Vortag war für’n Arsch. Egal. Wird schon ne geile Elf werden.

10.30 Uhr, Ankunft in Schulenburg. Man ist das erste Auto auf dem Parkplatz. Ist man hier richtig?! Bestimmt, nochmals versuchen die Spieler anzurufen. Keine Reaktion. Mittlerweile signalisiert eine SMS, dass der Trainer der 2. Mannschaft ab sofort erreichbar wäre. Anruf - keine Reaktion. Eine Minute später der Rückruf. Ja, er kümmert sich um die Pässe. Ja, er versucht seine Mannen zu kontaktieren. Erste Spieler trudeln ein. Eine weitere Nachricht. Der erfahrene Haudegen der für die Spielgestaltung geplant war muss passen, sein Knie wäre über Nacht angeschwollen und ein Einsatz unmöglich. Der Informant in den eigenen Reihen der 3. Herren, der auf besagter Party im Elan in Wennigsen war, berichtet, dass der Spielgestalter bis in die frühen Morgenstunden gefeiert hat. Originalwortlaut der whattsapp-Nachricht an den Spieler: „ Dann nüchtre erstmal aus und erhol Dich.“ Der nächste Spieler, der für die Position auf der Sechs eingeplant war, begrüßt einen mit einem elendig geqüältem Ausdruck im Gesicht, hält sich den Magen und sagt „Mir geht’s gar nicht gut, mein Magen macht nicht mit“. Der Trainer denkt sich seinen Teil. Neun von zehn Stimmen in meinem Kopf sagen ich sei verrückt – warum tut man sich diese ganze scheiße am frühen Sonntagmorgen an und wofür das Ganze? – eine summt….

Spielvorbereitung, Kabinenansprache. Leeres Blatt Papier. Erstmal allen guten Morgen wünschen, dann eine schwache Ausrede finden, warum die Aufstellung nicht wie gewohnt an der Tür hängt. Von drei potenziellen Spielern aus der 2. Mannschaft ist einer aufgetaucht. Aufstellung nicht wirklich im Kopf, irgendwie muss das ja schon passen. Aufstellung ansagen. Eigenschaften einiger Spieler hervorheben. Nen Schmunzler rein bringen. Die Spieler für die scheiße von letzter Woche kritisieren und auf den Boden der Tatsachen zurückholen. Nummern ansagen - shit. Man muss sich ja noch um DFB net online kümmern und gleich freigeben. Heilige scheiße. Kurz auf der App im Handy nachgesehen und Nummern angesagt, den Informanten, der bis 5 Uhr in der früh feuchtfröhlich gefeiert hat angewiesen, die Pässe zu sortieren. Kabinenansprache zu Ende gebracht, raus auf den Vorplatz wo zumindest ansatzweise Empfang ist und die Aufstellung geändert. Spieler aus der Spielberechtigungsliste – in Wennigsen gefühlte 500 Mann – in den Kader aufgenommen. Freigeben.

Kippe an. Den Informanten beim Pässe sortieren beobachten. Über die letzten Worte vor der Partie nachdenken. Taktik. Stärken. Schwächen. Durchatmen. Da kommt der Schiedsrichter und fragt nach den Pässen. Mit Finger auf den Informanten gezeigt: „Mein Assistent macht das gerade. Keine Ahnung warum das so lange dauert…“ Der junge Schiedsrichter wartete entspannt, die Kippe war runtergebrannt, noch 20 Minuten zum Anpfiff und es standen gerade einmal 5 Spieler auf dem Platz. Fuchsteufelswild zur Kabine marschiert, ein „raus jetzt hier, gleich ist Anpfiff“ reingebrüllt und sich dann wieder über Taktik etc. Gedanken gemacht. Kurz vor Spielbeginn dann Passkontrolle, Ansprache. Letzte Worte: „Wenn ihr seht, dass ich mich dazu entscheide selbst an der Außenlinie warmzulaufen, dann habt ihr alle bei mir verschissen und das ist für Euch die Bestätigung, dass ihr wieder scheiße spielt.“

Spielbeginn. Die ersten Minuten verpasse ich, muss mich ja noch selbst umziehen. Mein Assistent, der Informant aus der Nacht davor, betreut solange die Mannschaft. Komme raus und sehe die erste Schusschance für die Hausherren. Erster Gedanke: „War ja klar, wer sich 20 Minuten vor dem Spiel nicht auf dem Platz befindet, der kann ja auch noch nicht ganz da sein.“ Das Spiel läuft und es ist ein zähes Spiel. Fehlpässe und Unsicherheiten sowie Lauffreudigkeit einer Horde von Nacktschnecken sind zu registrieren, die Taktik die man ansprach wird bewusst ignoriert und man muss leidvoll mit ansehen, wie sich des öfteren so ein Hanswurst des Gegners im Rücken der Sechster davonstiehlt und völlig frei steht. Sorgenfalten breiten sich auf der Stirn aus, dann plötzlich die erste eigene Standardsituation. Langer Ball auf den zweiten Pfosten und tatsächlich, einer unserer Spieler kommt zum Kopfball. Zwar hat der Torwart ihn sicher, aber es macht Mut, dass der kleinste Spieler mit der Sprungkraft eines Kühlschranks an den Ball kam. Könnt ja was werden heute.

Die erste Halbzeit war zerfahren, auch weil die eigene Mannschaft die angesprochene Taktik ignorierte und weil Spieler zusammenspielten, die zuvor auf den Positionen noch nie zum Einsatz kamen. Man konnte von Glück reden, dass der Gegner eben auch nur 4. Kreisklasse spielte. Die hatten vorne im Angriff zwei Bomber, die richtig gut am Ball waren, aber die restlichen Akteure waren doch eher Durchschnitt. Durchschnitt der 4. Kreisklasse halt. Und dann kamen wir wieder in den Angriff, unsere junge Ein-Mann-Spitze wusste nicht weiter und schaufelt das Spielgerät Richtung Tor und der Ball klatscht tatsächlich auf die Latte. Uiuiuiuiui… Geiles Ding eigentlich. Dann drückte wieder der Gastgeber, Chancen waren fortan eher Mangelware und die Außenspieler erprobten sich an der richtigen Ausführung von Einwürfen. Standardsituationen prägten den Rest der Halbzeit und alle Chancen wurden meist von der verteidigenden Mannschaft geklärt. Bis auf eine. Keine Ahnung was unser Spieler da vor hatte – weiß ich bei dem Spieler eh nie – aber er rutschte aus und pfefferte den Ball erneut gegen den Querbalken des Schulenburg Gehäuses. Meine Fresse hat das gescheppert! Erster Gedanke: „Tolle scheiße. Da trainierst Du am Dienstag Lattenschießen und drohst den Spielern mit Sprints und was machen die am Sonntag? Sie treffen die Latte…“

Halbzeit, 0:0. Mittlerweile ist ein weiterer Spieler eingetroffen. Hatte noch geschlafen. Super. „Lauf, mach ein Tor und dann ist alles gut.“ Die Mannschaft nach vier Versuchen in der ersten Halbzeit noch einmal in aller Ruhe auf die Taktik hingewiesen, einen Spielerwechsel vollzogen und die Mannschaft noch einmal auf die zweite Halbzeit eingeschworen. An das Geländer gelehnt und in der Sonne badend die herrliche Atmosphäre mit Blick auf die Marienburg genossen. Die ersten zwei Aktionen der Gegner in Durchgang zwei waren Fehlpässe ins Seitenaus. Plan 1 funktioniert. Den nächsten Fehlpass steil in den leeren Raum gespielt, vom eingewechselten Spieler erlaufen und den Torwart clever ausgeguckt. 1:0 für uns. Plan 2 funktioniert auch. Fortan erstaunt, wie sich die Mannschaft plötzlich an die zuvor herbeigeschworene Taktik halten kann. Angriff unsererseits, Foulspiel, Elfmeter. Wir haben noch gar keinen Elfmeter bekommen diese Saison, wer soll den denn schießen? Die Jungs klären das bestimmt. Der Spieler von der Zweiten schnappt sich den Ball, läuft an, verschießt. Sofort Signal an die Tickergemeinde bzw. unsere Fans gegeben dies in der whattsapp-Gruppe zu posten. Der schießt nie wieder einen Elfer für die Dritte. Halbhoch, rechte Seite, dankbar für den Torwart. Hoffentlich setzt sich dies nicht in den Köpfen fest…

Nach einem Eckball für uns steht ein Akteur, der diese Saison das erste Mal für die dritte Herren aufläuft und damit Spieler Nummer 48 ist, am langen Pfosten goldrichtig und macht wenige Minuten nach dem vergebenen Elfmeter das 2:0 für uns. Als dann paar Augenblicke später der eingewechselte Stürmer sich meiner Anweisung des Abwartens widersetzt und einem langen Ball hinterhersprintet obwohl dieser eindeutig zum Libero des Gegners kommen würde, der im entscheidenden Moment aber ausrutscht und am Ball vorbeitritt und unser Stürmer das 3:0 erzielt, war das Spiel dann auch geschehen. Drei zu Null. Läuft bei uns. Plan 3 läuft auch. Fortan wurden zwei weitere Spielerwechsel vorgenommen und die Mannschaft spielte sich in einen regelrechten Rausch. Der Gastgeber leistete aber auch keinen Widerstand mehr und dessen Abwehr konnte einem schon fast Leid tun, arbeitete doch keiner der Blau-Weißen mehr zurück. Wobei wir auch stark agierten und fortan Selbstvertrauen hatten. Die Spieler schraubten das Ergebnis auf 6:0 in die Höhe, selbst der eingewechselte Starstürmer traf (nach dem Segen seiner Frau, die er am Abend zuvor mit Rosen vom Rewe-Markt beschenkte), nachdem er tags zuvor noch im Tor der alten Herren aushalf und der eigene Torwart rettete die 0 mit einer Manuel-Neuer-Aktion jenseits von gut und böse, als er außerhalb des Strafraums einen Gegenspieler ausdribbelte. So brauchte ich mich nicht warmlaufen und am Ende stand es, wenn auch etwas zu hoch, 6:0 für die Dritte des TSV Wennigsen, die damit den Negativtrend der letzten Wochen stoppen konnten. Nächste Woche geht es zum daheim gegen den SV Wichtringhausen, wohlwissend, dass dann wieder ein ganz andere Elf auf dem Platz stehen wird. Denn eins ist Tradition. In Wennigsen wird nie zweimal mit der gleichen Aufstellung gespielt…

Schönen Wochenstart allen Freunden und Followern der 3. Herren des TSV Wennigsen!

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